Doktorarbeit + Doktorhut


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Doktorhut / Doktorarbeit

Anfang 2009 war es soweit: Ich habe meine Promotion erfolgreich abgeschlossen (hier die Doktorarbeit zum Download als pdf) und darf mich "Dr." nennen. Weiter unten gibt es noch ein paar mehr (sogar allgemeinverständliche) Informationen darüber was ich in der Zeit eigentlich gemacht habe.

Stily's Doktorhut

Von meinen Arbeitskollegen habe ich traditionsgemäß einen ganz persönlichen Doktorhut bekommen. Unter anderem sind darauf zu sehen:
  • typische Stufen-und-Terrassenförmige Oberfläche meiner Proben (eine Stufe ist 0,4 nm hoch), mit Diodenbeleuchtung von unten, die mit einer Solarzelle betrieben werden kann
  • Eine "Elektronengas-Sprühdose"
  • halbe Elektronen
  • ein Film (als Zeichen für die von mir präparierten Schichten bzw. Filme)
  • verdeckt: funktionierende Kontrollleuchten wie an der PLD Anlage
  • ein Liegefahrrad
  • ein Reisepass mit detaillierten Stempeln als Zeichen für die zahlreichen Reisen auf denen ich während meiner Doktorarbeit war
  • viele PHD-Comics die immer aktuell an meiner Bürotür hingen
  • Target #85 (lustige Geschichte mit einem "verschollenen" Target)
  • PET-Flasche mit Tee-Mischung
  • Jonglierbälle im Bogen
  • Einige (künstliche) Dreadlocks: Erinnerung an meine Frisur als ich am Lehrstuhl angefangen habe
  • Orange, gestrickte Ohrklappen als Erinnerung an meine typische Mütze (die übrigens aus Finnland ist, und nicht aus Südamerika)
Doktorhut Stily

Was hat der Stily eigentlich als Doktorarbeit gemacht?

Ich wachse mit gepulster Laserablation (Pulsed Laser Deposition PLD) sehr dünne Filme bzw. Schichten von Materialien. Sehr dünn heißt bei mir einige wenige Atomlagen. Das kann ich tatsächlich so genau steuern. Und was für Materialien nehme ich? Als Grundlage für die Schichten verwende ich Strontiumtitanat (in der Grafik mit den bläulichen Farben dargestellt). Das kling wie ein kompliziertes Material, wird aber sogar ganz häufig bei Schmuck verwendet. Wichtig dabei ist nur noch, dass es ein Isolator ist, also keinen elektrischen Strom leiten kann, wie z.B. auch Holz oder Papier. Auf dieses Strontiumtitanat wachse ich nun eine (sehr dünne) Schicht von Lanthanaluminat (in der Grafik mit den rötlichen Farben dargestellt). Das ist auch ein Isolator. Und das spannende daran ist nun, dass sich an der Grenzfläche zwischen den beiden Materialien eine leitfähige Schicht ausbildet (in grün dargestellt). Das heißt ich kann nun da, wo die beiden Materialien zusammentreffen einen elektrischen Strom leiten, obwohl darüber und darunter ein isolierendes Material ist. Und noch verückter finde ich, dass das nur passiert wenn das Lanthanaluminat mindestens 4 Lagen dick ist. Ist die Schicht dünner, also z.B. 3 Lagen dick (im rechten Stapel dargestellt) bleibt die Grenzfläche isolierend! Tja, und nachdem ich das rausgefunden hatte konnte und musste noch vieles untersucht werden, z.B. wie reagiert es wenn ich ein Magnetfeld anlege, wenn Licht draufscheint, wenn ich es auf wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt abkühle, wenn ich eine zusätzliche Spannung anlege ... Und an all diesen Fragen habe ich eben sehr erfolgreich herumgetüftelt und mehrere erstaunliche Entdeckungen gemacht. Für Details sei auf meine Veröffentlichungen verwiesen.
Nach Anwendung wird ja auch immer gern gefragt. Also zunächst mal ist Aufgabe der Uni ja auch Grundlagenforschung zu betreiben, die eben noch Jahrzehnte von möglichen Produkten entfernt sein kann. Aber bei meiner Forschung ist das gar nicht mal so weit weg, denn solche zweidmensionalen leitfähigen Schichten werden z.B. in Transistoren verwendet, von denen jeder Computer einige Millionen hat. Dort wird aber immer noch dotiertes Silizium verwendet. Dass wir solche Schichten jetzt mit einer ganz anderen Art von Material herstellen können ist toll, weil: Silizium, pur als Material genommen ist ziemlich langweilig, erst wenn man unterschiedlich behandelte Schichten zusammenbringt wird daraus ein Bauteil. Die "Oxide" die bei mir vorkommen zeigen auch ganz für sich allein genommen schon tolle Phänomene, so dass man sich so ganz neue Bauteile überlegen kann mit bisher unmöglichen Eigenschaften.

Doppelter Atomstapel In dieser Grafik sind (künstlerisch aufbereitet) die Proben dargestellt, mit denen ich mich beschäftige: links ein Stapel mit 4 Lagen Lanthanaluminat, der an der Grenzfläche zum Strontiumtitanat eine leitfähige Schicht aufweist. Rechts ein Stapel mit nur 3 Lagen Lanthanaluminat ohne leitfähige Grenzfläche.
Legende: Sauerstoff, Lanthan, Alumium, Strontium, Titan; Chemische Formeln: Lanthanaluminat LaAlO3, Strontiumtitanat SrTiO3